Alle zusammen halten wir das System am Laufen.
Die Führungsaufgabe ist mit allen anderen Funktionen in einem Unternehmen gleichzusetzen. Der Sekretär, der Hausmeister, die Sachbearbeiterin oder der Gebäudereiniger erfüllen genau wie die Leitungskraft in einem Unternehmen eine Funktion. Der eine telefoniert, der andere wechselt Glühbirnen, die nächste hackt 8 Stunden auf Ihrer Tastatur rum und der Gebäudereiniger wischt die Flure. Die Leitungskraft führt, übernimmt Verantwortung, definiert Ziele und delegiert Aufgaben. Alle zusammen halten sie das System am Laufen. Ich bin mir sicher, man sollte sich nie der Illusion hingeben, etwas Besseres zu sein oder etwas Höherwertigeres zu tun.
Gern wird man als Führungskraft im Unternehmen auf ein Podest gehoben, indem man im Organigramm auftaucht oder eine Stufe höher in der Hierarchie rückt. Man verteilt in diversen Meetings die eigenen Visitenkarten und rauscht mit seinem Dienstwagen von Termin zu Termin. Diese äußeren Anzeichen, Symbole und Notwendigkeiten, lassen einen schnell glauben, besser zu sein, im wahrsten Sinne des Wortes „mehr wert zu sein“. So ist es nicht. Man erfüllt nur eine andere Funktion, hat eine andere Tätigkeit mit anderen Anforderungen an Qualifikation und Fähigkeiten.
Putzen kann doch jeder!
Jeder der sich schon mal mit den Bedingungen des Berufes des Gebäudereinigers beschäftigt hat, weiß, dass diese Tätigkeit mit Nichten nur aus der Arbeit mit Wischmopp und Wassereimer besteht. Allein für den Prozess der Reinigung von Fluren gibt es eine Vielzahl von notwendigen Grundkenntnissen aus unterschiedlichen Bereichen. In welcher Umgebung findet die Reinigung statt? Bin ich im Krankenhaus, in der KFZ-Werkstatt oder im Museum? Wie sind die Oberflächen der Flure beschaffen? Ist es ein Boden mit einer Steinfließe, Parkett oder ein Kunststoffbelag? Welche Arbeitsmittel muss ich dafür einsetzen? Welches Reinigungsprodukt und welchen Finisher? Ich glaube mit diesen Fragen wäre jede Führungskraft maßlos überfordert. Es zeigt, dass wir alle unsere spezifischen Kenntnisse, Fähigkeiten mitbringen und in den meisten Fällen eine mehrjährige Ausbildung und Berufserfahrung sammeln mussten, um die aktuelle Tätigkeit auszuführen. Und Aussagen wie: „Putzen kann doch jeder“ so nicht stimmen.
So rechtfertigen sich die Unterschiede.
Der größere Umfang an Gehalt und weiteren Gratifikationen, ist das Ergebnis einer Gleichung aus Verantwortung, Risiko und Qualifikationsanforderungen. Man sollte sich bewusst machen, dass das Mehr an Gehalt wahrscheinlich einen guten Grund hat. Vielleicht hängen Existenzen an Deinen Entscheidungen, teure Maschinen oder ein Bildungsauftrag. So rechtfertigen sich die Unterschiede. Wenn der Gebäudereiniger einmalig ein falsches Reinigungsmittel verwendet, wird das in den meisten Fällen keine gravierenden Folgen nach sich ziehen (Es sei denn, es stürzt jemand!). Wenn die Leitungskraft dagegen eine Fehlentscheidung trifft, können sich daraus hohe Folgekosten ergeben.
Ein Beispiel: Eine Führungskraft, nennen wir sie Herbert, hat Sabine für den Außendienst eingestellt und mit der Kundenakquise beauftragt. Sabine ist eher ein introvertierter, oft melancholischer Mensch und hat Schwierigkeiten sich in einer unbekannten Umgebung zurechtzufinden. Die Einstellung kann sich nach wenigen Monaten als keine gute Wahl herausstellen. Es wird mit einem immensen Aufwand an sächlichen und finanziellen Ressourcen verbunden sein, die Folgen dieser Entscheidung wieder rückgängig zu machen. Entscheidungen von Führungskräften können große Auswirkungen haben und für Fehlentscheidungen müssen sie auch Verantwortung übernehmen. Man kann davon ausgehen, dass das Risiko von Führungskräften in der Regel hoch ist. Unser kleines Beispiel zeigt, dass Herbert bei der Einstellung von Sabine nur sehr genau abwägen konnte, allerdings trotzdem ein Risiko für eine Fehleinschätzung blieb.
Jeder ist ersetzbar.
Wie oben gezeigt, ist für nahezu alle Tätigkeiten im unternehmerischen Umfeld eine berufliche Ausbildung sowie Berufserfahrung notwendig. Für die Funktion der Führungskraft gilt das im Besonderen. In der Regel ist für die Übernahme einer verantwortlichen Position eine hohe formale Qualifikation notwendig, die auch meist einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. Hinzu kommt, dass entsprechende spezialisierte Fähigkeiten und Fertigkeiten mitgebracht werden. Z.B. eine ausgeprägte Kommunikationsstärke, Führungs- und Entscheidungskompetenz, die durch eine längere Berufserfahrung ausdifferenziert worden ist. Der Umfang der Verantwortung, das Risiko und die erhöhten Qualifikationsanforderungen drücken sich in einem anderen Gehalt und weiteren Gratifikationen aus. Das bedeutet aber nicht, dass andere Tätigkeiten im Unternehmen als geringer eingeschätzt werden sollten.
Es muss einem immer bewusst sein, dass auch die spezialisierteste Führungskraft austauschbar ist. Das ist auf den ersten Blick eine ernüchternde Perspektive. Nimmt man doch gemeinhin an, dass Menschen in Verantwortung nahezu unersetzbar sind. Auch der sich verknappende Arbeitsmarkt gibt uns immer wieder diese Signale. Auf der anderen Seite führt es aber auch dazu, dass die Übernahme einer hohen Verantwortung auch kein Ewigkeitsbund darstellen muss und alternative Wege immer offenstehen.
Denke über diese Tatsachen nach und begegne den Menschen um dich herum in der festen Überzeugung, sie zu respektieren und Ihre Tätigkeit wertzuschätzen, egal ob Sekretär, Hausmeister oder Geschäftsführung! Wenn man sich diese Sachen wirklich eingesteht und sich gedanklich nicht über andere stellt, wird man zu allen im Unternehmen einen Zugang finden, nicht abgehoben wirken und das Selbstbewusstsein wird eine gesunde Balance finden. Nutze in den nächsten Tagen die Gelegenheit, um mit Menschen in Deinem Umfeld in Kontakt zu kommen, mit denen Du normalerweise wenig Berührungspunkte hast. Versuche ihren Alltag, ihre Herausforderungen und Standpunkte zu verstehen.
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