Felix, eine Führungskraft in einem mittelständischen Marketingunternehmen, ist mit dem Führungsstil seiner Vorgesetzten schon länger unzufrieden. Wiederholt fühlte er sich nicht ernst genommen, da seine Berufserfahrung und sein Fachwissen anscheinend keine Rolle mehr zu spielen scheinen. Er hat eine sehr gute Ausbildung durchlaufen und ist seit 8 Jahren im Unternehmen. Die Chefin ist sehr pedantisch, achtet auf die kleinsten Details und kann nur schwer von ihren eigenen Vorstellungen abrücken. Als Felix ein neues Projekt übernimmt und zur Dienstberatung mit seiner Chefin den Projektverlauf kundtut, stellt er voller Enthusiasmus eine neue Idee vor, die so nicht in der Projektplanung vorgesehen war. Nach einer unausgewogenen Diskussion – und ohne sich auf die geänderten Ideen von Felix auch nur einzulassen – ist klar, dass Projekt muss wieder ‚auf Kurs‘ und in gewohnte Strukturen überführt werden. Das macht Felix unzufrieden. Er hat sich lange und intensiv mit der zugrundeliegenden Projektthematik auseinandergesetzt. Er kennt also die Anforderungen und den Kunden. Er findet seine Idee weiterhin gut und kann nicht verstehen, warum seine Vorgesetzte die Idee nicht einmal ernsthaft geprüft hat.
Seine Frustration hat eine Barriere erreicht, die gerade überschritten wird. Er ist unzufrieden und denkt, ich schau mich mal um. Der Arbeitsmarkt wartet ja nur auf eine Führungskraft wie mich.
Welche Optionen stehen ihm offen?
Wer unzufrieden ist, der geht.
Felix hatte mal wieder Dienstberatung mit seiner Chefin und war danach so richtig gefrustet. Sofort schnappt er sich sein Handy und installiert 3 Apps von Stellenportalen und ein berufliches Netzwerk. Morgen bin ich hier weg, denkt er sich. Oder zumindest nächste Woche. Er trägt überall die harten Fakten seines beruflichen Werdeganges ein und ist sich sicher, bald werden mehrere Jobangebote reinflattern, aus denen er dann wählen kann. Am nächsten Tag schaut er gespannt auf sein Smartphone. Anscheinend haben die Recruiter heute noch nicht ihren Posteingang bearbeitet. Wahrscheinlich müssen die sich auch erst einmal mit Ihrem Boss besprechen, welchen Job sie ihm anbieten. Im E-Mail-Postfach finden sich zumindest mehrere Lebenszeichen der Jobportale und geben die neuesten Trends des Arbeitsmarktes in Form von aufdringlichen Werbemails weiter. Nach ein paar Tagen wird Felix klar, dass wird nicht so leicht. Die ersehnten Angebote sind noch nicht eingetroffen.
Es wird deutlich, die berufliche Neuorientierung und ein schneller Wechsel sind kein Selbstläufer. Natürlich wird überall suggeriert, dass der Arbeitsmarkt nur auf die Fach- und Führungskraft wartet. Überall wird man mit Stellenanzeigen bombardiert. Einmal bei Stellenportalen registriert oder die App des Anbieters installiert, wird ein reichhaltiges Stellenangebot präsentiert. Personaldienstleister preisen ihre Dienstleistungen an. Im eigenen Unternehmen bekommt man mit, wie schwer es ist, bestimmte Stellen zu besetzen.
Die Realität sieht leider anders an.
Unternehmen suchen ganz spezifische Positionen. Ob das nun gerade dem eigenen Qualifikationsbündel entspricht, ist ungewiss. Es gibt natürlich bestimmte Berufsgruppen (Pflegefachkräfte, IT-Spezialisten etc.), bei denen ein schneller Wechsel wirklich von dem einen auf den anderen Tag funktionieren kann. Beim überwiegenden Teil der Fach- und Führungskräfte ist das aber nicht der Fall.
Wer unzufrieden ist, der akzeptiert.
Felix hat nun erfahren, dass ein schneller Wechsel und die berufliche Neuorientierung nur eine nettes Ammenmärchen zu sein scheint. Alle an der Fluktuation des Arbeitsmarktes beteiligten Akteure (Stellenportale, berufliche Netzwerke, Coaches etc.) haben Felix ganz schön eingeredet, dass er – und nur er – die allseits gesuchte Fachkraft ist. Nach weiteren Zusammentreffen mit seiner Chefin und damit verbundenen frustrierenden Erlebnissen erkundigt sich Felix im Internet und erfährt, dass er seine Situation akzeptieren sollte. Das soll zufrieden machen. So schlecht ist sein aktueller Job ja auch nicht: Das Geld stimmt, Überstunden kann man abfeiern oder bekommt sie ausgezahlt und manche Kolleg*innen kann man als nett bezeichnen. Also versucht er mit der gesamten Bandbreite seiner zur Verfügung stehenden Gelassenheit in die nächste Dienstberatung mit seiner Vorgesetzten zu gehen. Immer schön lächeln und nicken, ermahnt er sich gedanklich. Das klappt auch wunderbar. Allerdings spürt Felix nach dem dritten sinnfreien Argument eine leichte Aggressivität in sich hoch steigen. Erst denkt er sich, aggressiv – ich, nein. Ich bin die Ruhe selbst. Erst einmal lächeln. Jetzt fordert ihn seine Chefin auf, den Projektplan noch einmal geringfügig anzupassen. Was bedeutet, dass er sich die Arbeit der letzten zwei Tage hätte sparen können. Er ermahnt sich erneut: ‚Ich bin die Ruhe selbst.‘
Nein: Schluss, er kann es nicht mehr ignorieren. DIESE FRAU NERVT! Das kann ich nicht akzeptieren. Das ist gegen meine Natur.
Natürlich ist es ein gangbarer Weg, eine Situation zu akzeptieren. Die alten Stoiker lehrten uns schon, das eigene Schicksal zu akzeptieren und so mehr Zufriedenheit zu erleben. Später brachte es Nietzsche mit „amor fati“ (Liebe das Schicksal) auf den Punkt.1 Es gibt sicher in jedem Job Herausforderungen, schlechte Kommunikation oder bestimmte Rahmenbedingungen, die nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen. Mit einem Jobwechsel werden diese Herausforderungen nicht sofort sichtbar sein und nur scheibchenweise zu Tage treten. Früher oder später werden diese verdeckt liegenden Angelegenheiten allerdings genauso störend sein, wie die Herausforderungen in der jetzigen Tätigkeit. Wenn einem das bewusst wird, ist Akzeptanz möglich und die Situationen werden als nicht so belastend empfunden.
Wer unzufrieden ist, der gestaltet.
Felix hat gemerkt, ein schneller Wechsel ist ganz schön anstrengend und mit einigen Herausforderungen verbunden. Die Situation so zu akzeptieren, wie sie ist, ist für ihn aber auch keine langfristige Option. Er hat vor Kurzem vom sogenannten „Job-Crafting“ gehört. Mit dem gezielten Anpassen der Arbeit und der aktiven Gestaltung der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im beruflichen Kontext soll Unzufriedenheit im Job passé sein. Felix reflektiert sich jetzt ganz genau und hört in sich hinein. Woher kommt meine Unzufriedenheit? Was ärgert mich und raubt mir meine Energie? Klar, seine Chefin! Übergreifend formuliert: Er fühlt er sich nicht mehr wirksam. Seine Vorschläge werden nicht ernst genommen und sofort abgeschmettert. Das frustriert ihn. Mit dem Wissen um seine Bedürfnisse, Stressoren und Vorlieben analysiert Felix die Situation weiter und definiert klare Ziele und Handlungsanweisungen, um seine Situation aktiv in seinem jetzigen Job zu ändern.
Die Grenzen dieses Konzepts sind klar am Horizont erkennbar. Wenn die Angestellte an der Tanke entscheidet, künftig nur noch Kaffee und belegte Brötchen zu verkaufen, da sie strikt gegen Verbrenner und Zigaretten ist, dann wird das zu Problemen führen – früher oder später. Aber sicherlich kann das gezielte Hinterfragen und Erspähen der eigenen Vorlieben in bestimmten Tätigkeiten zu mehr Zufriedenheit führen und den Arbeitsalltag erleichtern.
Was passt am besten zu Dir?
Bei diesem Beispiel wird klar, dass die Zufriedenheit auch zu einem großen Teil mit der eigenen Führungskraft zutun hat. 22 % der Befragten des Berichts zum Engagement des renommierten Gallup-Insitiuts bestätigt, wie wichtig die emotionale Bindung an das Unternehmen und an die eigene Führungskraft sind. Natürlich gibt es eine ganze Reihe von möglichen Auslösern für die eigene Unzufriedenheit im Job. Allen gemein ist, dass man für die bestehende Situation auch immer Verantwortung trägt.
Am Ende hat man immer die folgenden Optionen:
- Geh und such Dir etwas anderes.
- Akzeptiere Deine Situation und lebe damit.
- Gestalte Deine Arbeitsbedingungen im Rahmen Deiner Möglichkeiten.
Welche die richtige Option für die spezifische Situation ist, muss jeder selbst für sich herausfinden. Klar ist, einfach ist es nirgends. In jedem Job „menschelt“ es und alle Rahmenbedingungen können nicht perfekt sein. Das zu akzeptieren hilft, mit den täglichen Herausforderungen im Arbeitsalltag zurecht zu kommen.
Ein zu empfehlenden Mitschnitt von Daniel Enz findest Du hier (klick). Ich habe mich schlapp gelacht.
1 Vgl. Holiday, Ryan: Der tägliche Stoiker, München 2019.

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